Entscheide sich wer kann!

Wir alle gehen Verbindlichkeiten ein. Damit meine ich nicht zwangsläufig Schuldverhältnisse, die uns an Verpflichtungen binden. Sich an etwas gebunden zu fühlen, ist vielmehr eine Vorstellung von Verlässlichkeit, die unserem Miteinander zur Stabilität verhilft. Die wir brauchen, um uns auf ein gemeinsames Morgen zu einigen. Darüber machen wir uns üblicherweise keine Gedanken. Es geschieht automatisch, indem wir miteinander planen, Vereinbarungen treffen, gemeinsam ein Ziel verfolgen. Loyalität ist die höchste Form dieser Verbindlichkeit, die wahrgenommen, sogar Identität stiftet.

 

Nun ist es nicht immer so, dass uns Verbindlichkeiten im gleichen Maß begeistern. Manchmal scheint es, als würden wir nur der eigenen Verbindlichkeit Willen, Verbindlichkeiten eingehen. Die, für sich betrachtet, keinen Sinn ergeben, außer, dass man seinem Bedürfnis nach Verlässlichkeit nachkommt. Man fühlt sich gebunden, oft sogar gefesselt. Die eigene Handlungsfreiheit scheint aufgehoben und man wird zur Marionette am Gängelband der selbst auferlegten Pflicht. "Ich muss" ersetzt "Ich will" und der Druck, den man sich selbst durch das gestrenge Einhalten aufbürdet, will man nicht als unzuverlässig gelten, unterdrückt die Macht der Selbstbestimmung. Zu Verweigern kommt Verrat gleich, das eigen Unverständnis über den eigenen Unwillen schürt die Angst vor persönlichem Versagen. Um es auf den Punkt zu bringen: wir fühlen uns beschissen.

 

Um sich aus diesem Unwohlsein zu befreien, bedarf es einer Entscheidung, dem Klarheit über die Verbindlichkeit vorausgeht. Was wurde tatsächlich vereinbart? Was davon sind lediglich romantische Fantasien, ein hochstilisiertes Miteinander betreffend, das vom Gegenüber ohnehin nicht erwartet wird? Was daran befriedigt lediglich mein Pflichtbewusstsein? Und was daran ist Angst vor Zurückweisung indem man enttäuscht? In der Auseinandersetzung mit der eigenen Verbindlichkeit wird klar, was uns daran tatsächlich an andere bindet und was davon ausschließlich mit uns selbst zu tun hat. 

 

Auf dieser Basis können Verbindlichkeiten aufgelöst, oder zumindest vom Unwohlsein befreit werden. Indem man selbst darüber entscheidet, woran man sich weiter bindet und woran nicht, durchtrennt man die Kettfäden der Marionette, die sich nicht bewegen muss,  sondern das tut, was sie jetzt will.

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Kerstin Feirer

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