Kennst Du das? Du steckst in einer Diskussion, wirfst mit Fakten um Dich und das Gegenüber will Dir einfach nicht glauben! Du sagst die "Wahrheit" (oder was Du dafür hältst) und anstatt Dir einfach zu glauben, erntest Du ein "Blödsinn!". Selbst fundierte Dementi zu Fake News stoßen auf Ungläubigkeit und werden bestritten... Also was ist da los mit dem Glauben? Hast Du Dich das schon mal gefragt?
Die Sache mit dem Glauben ist nicht so einfach, wie vielfach angenommen. Die "Wahrheit" reicht nicht aus, um geglaubt zu werden. Auch wenn wir das gerne glauben würden... Glaubst Du mir das? Ja? Nein? Vielleicht? Ich werde versuchen, das Kommende glaubhaft darzustellen, ob es die "Wahrheit" ist, darüber wirst Du entscheiden, indem Du mir glaubst, oder eben nicht.
Das Referenzsystem, das darüber entscheidet, was als wahr oder nicht wahr gilt, ist die eigene Weltsicht. Diese wird determiniert vom soziokulturellen Hintergrund, variiert durch den jeweiligen Erfahrungshorizont und selbst die Genetik spielt scheinbar eine wesentliche Rolle, wie wir auf die Welt blicken (Stichwort Psychoimmunologie). Kurz und mit Sicherheit unvollständig gesagt: Jeder hat eine eigene "Vorstellung" von der Welt, wobei diese (kulturelle) Ähnlichkeiten zu anderen aufweisen kann. Ob wir etwas glauben oder nicht, hängt jetzt stark davon ab, ob sich diese Tatsache/Umstand mit unserem Weltbild in Übereinstimmung bringen lässt. Tendenziell glauben wir eher an etwas, das unsere Vorstellung bestätigt. Irritationen, also alles, was dagegen läuft, wird eher als unwahr eingestuft. "Bödsinn" ist eine treffende Bezeichnung, weil sich aus unserer Weltsicht Sinn ableitet. Blöd eben, wenn es nicht der eigene ist und schlimmer noch, wenn der eigene Sinn unsinnig werden würde, würde man dem anderen Glauben schenken... Stimmigkeit - also die Übereinstimmung der Tatsache mit der eigenen Weltsicht, ist das "Gefühl" das uns glauben macht, dass etwas wahr ist. "Das hört sich für mich stimmig an..." reicht aus, um es für wahr zu halten. Überprüfung? Sinnlos, weil es an sich schon Sinn macht, indem es den eigenen bestätigt.
Ach ja, wenn wir schon Glauben schenken, dann muss uns der nützen! Manchmal kommt es doch vor, dass wir an etwas zu glauben beginnen, was sich nicht gleich mit unserer Weltsicht verträgt. Ist der daraus resultierende Nutzen groß genug, dann sind wir durchaus geneigt, die eigene Weltsicht dahingehend zu verändern, bis die Weltsicht zum "neuen" Glauben passt. Heilsversprechen beispielsweise, lassen Ungläubige zutiefst gläubig werden, aus der Hoffnung heraus, daraus irgendwann Nutzen zu ziehen oder um dem möglichen, mit Sicherheit jedoch erwartetem Unheil zu entgehen... Was wir als nützlich empfinden, ist wiederum von unserer Weltsicht abhängig. Auch wenn sich die Weltsicht danach ändert - der Nutzen muss im Vorfeld stimmig sein...
Wer jetzt glaubt, alles glauben machen zu können, indem er Tatsachen so lange dreht, bis sie mit der jeweiligen Weltsicht übereinstimmt, wird vielleicht trotzdem auf Ungläubigkeit stoßen. Es scheint nämlich so zu sein, dass man nicht jedem glaubt, selbst dann nicht, wenn die Tatsache nützlich ist und dem eigenen Sinn entspricht. Wem wir etwas glauben leitet sich aus unserer Weltsicht ab indem wir (begründet durch die Übereinstimmung mit unserer Weltsicht) Autorität verleihen. Dem einen, aber nicht dem anderen. Das Expertentum geht daraus hervor - ob der Experte ein Schamane oder ein Nobelpreisträger ist, ist lediglich von der eigenen Weltsicht abhängig. Denn sie ist es, die den Status "Experte" für was auch immer verleiht. Was auch immer diese Experten nun "verzapfen" wird leichter als wahr empfunden. Aus den gleichen Gründen, wie oben beschrieben. Und natürlich kennen wir alle die "natürlichen" Autoritäten, denen wir im Laufe unseres Lebens, abhängig von der eigenen Entwicklung, alles glauben oder nichts mehr. (Stichwort Mutter sollte reichen, um zu verstehen, was ich meine...)
Die Mehrheit muss ich der Vollständigkeit halber auch erwähnen. Was viele glauben wird eher gelaubt. Auch wenn heute handfeste Beobachtungen vorliegen, dass kollektive Intelligenz durchaus schwerwiegend (existenzgefährdend) irren kann (der Schwarm hat nicht immer recht...)- Miteinander wird noch immer leichter geglaubt. Aber so ist es eben mit dem Glauben...noch machen diese Erkenntnisse für die wenigsten Sinn und der Nutzen scheint nicht groß genug zu sein...(darüber lohnt sich ein eigener Beitrag)
Also: glaubst Du mir? Weil es Dir nützt? Weil es für Dich ein totaler Blödsinn ist? Oder bin ich ein zweifelhafter Experte für Dich? Ja? Nein? Vielleicht?
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